Shirisha - Eine Bala-Bata-Erfolgsgeschichte

Shirisha ist eine selbstbewusste junge Frau. Als Kind hat sie eine BalaBata besucht und danach eine „Bala-Bata-Laufbahn“ eingeschlagen. Darüber berichtet sie Xaver Huber, der zusammen mit Siegbert Dicke CARDS besucht. Beide sind beeindruckt, dass Shirisha so gut Englisch spricht. Dadurch wird die Verständigung wesentlich erleichtert.

D.O.-Treffen in Hyderabad

Shirisha kennt Xaver Huber schon von seinen bisherigen Besuchen: „Guten Morgen Sir, Ich bin sehr froh, Sie wieder zu sehen. Ich komme aus dem Mandal Gollapalle. Ich war zuerst selbst eine BalaBata-Schülerin. Meine Eltern hatten es damals nicht leicht mit mir.  Ich ging zwar zur staatlichen Schule, sah aber in der dritten Klasse immer noch nicht ein, wieso ich etwas lernen soll. Ich wollte auch nicht die ganze Zeit stillsitzen.

In dieser Zeit hat der ACO[1] Chandraiah meine ältere Schwester als BalaBata D.O.[2] ausgewählt. Meine Eltern haben sie dabei sehr motiviert und unterstützt. Ich hatte aber keine Lust hinzugehen. Manchmal hat meine Schwester geweint und gesagt: ´Deine Freundinnen kommen doch auch und lernen, warum kommst du nicht? Die Kinder sind sehr gut in der Schule und bekommen gute Noten.´ Ich ging trotzdem nicht hin. Ich war ein freches Mädchen in dem Alter.“

Schwieriger Einstieg in die BalaBata

„Irgendwann wurde ich doch neugierig, was sie dort machen. Meine Schwester war die D.O. und ich hatte keine Ahnung, was da vor sich ging. Eines Tages habe ich mich dazu gesetzt und alles beobachtet. Die Kinder haben Lieder gesungen und meine Schwester hat ihnen auch Tänze beigebracht. Das hat mein Interesse geweckt und ich wollte mitmachen. Meine Schwester hat auch Süßigkeiten verteilt. Ich habe gesehen, dass die BalaBata eine gute Sache ist und habe mich wirklich geschämt, dass ich so widerspenstig gewesen bin. An diesem Tag habe ich beschlossen, von nun an zu lernen.

Ich wurde eine sehr gute Schülerin und habe meinen Bachelor-Abschluss in Krankenpflege (B.Sc. Nursing) gemacht. Ich war die Beste im College. Das alles war nur durch BalaBata möglich. Ich bin sehr stolz, dass ich sie besuchen durfte, weil ich dort viele Dinge gelernt habe.

In meiner Familie gibt es nur Mädchen, keine Jungen. Mein Vater hat das oft beklagt. Heute habe ich einen Job. Er sagt stolz: „Sie ist nicht meine Tochter, sie ist mein Sohn“.[3] Was BalaBata mir gegeben hat, ist von unschätzbarem Wert. Nur deshalb habe ich es bis zur Collegebesten geschafft. Ich bin sehr froh, dass ich über meine BalaBata-Zeit sprechen kann und das auf Englisch. Danke dafür, dass ich diese Gelegenheit erhalten habe.“

Rajani aus dem CARDS-Leitungsteam begleitet Xaver Huber und Siegbert Dicke. Sie ermuntert Shirisha weiter zu erzählen: „Wir würden gerne noch etwas über deine Zeit als D.O. erfahren.“

Begeisterung für BalaBata

 „Als ich in der 7. Klasse war, hat ACO Chandraiah zu mir gesagt: `Du bist sehr gut, willst du nicht als D.O. weitermachen, so wie deine Schwester?´ Das wollte ich schon. Ich war mir aber sehr unsicher und wusste nicht wie. Ich war ja nur eine Schülerin. Chandraiah hat mir Mut gemacht. Er hatte großes Vertrauen in mich. Mir selbst kam es vor, als wüsste ich gar nichts. Ich habe es schließlich versucht. Meine Schwester hat mir geholfen und alles genauestens erklärt, was ich in der BalaBata machen muss, wie ich den Kindern etwas beibringen kann. Ein paar Sachen hab‘ ich doch schon gewusst, weil ich ja die BalaBata besucht hatte.“

Shirisha kommt nun in Fahrt, sie fährt in Telugu fort, das geht schneller:

„In meiner Siedlung wohnen außer Dalits und Tribals (indigene Bevölkerung) auch Höherkastige. Deren Kinder gehen meist zur English Medium School. (Anm.: dort werden sie auf Englisch unterrichtet). Die geben damit an, dass sie Englisch sprechen. Ich habe den BalaBata-Kindern gesagt: ´Macht euch nichts daraus, ich werde euch auch Englisch beibringen.´ Ich habe mir das zugetraut, weil ich viele Englischkurse besucht habe. Die Kinder hatten zuerst Angst, aber ich habe sie gefragt: `Worüber macht ihr euch Sorgen? Englisch ist keine große Sache, es ist einfach zu lernen. Nicht schwerer, als Wasser zu trinken.´ So habe ich sie motiviert. Auch in unserer Telugu Medium School können wir Englisch sprechen. Wir machen einen Wettbewerb mit den anderen Kindern. Das hat Spaß gemacht. Die Kinder konnten sehen, dass sie Fortschritte machen.“

Herausforderungen und Erfolge

„Manche der Kinder erinnern mich an meine eigene Anfangszeit, zum Beispiel Pappi, ein Junge, der immer nur mit sich selbst beschäftigt war. Auch er hatte zuerst kein Interesse, zur Schule zu gehen. Ich konnte ihn schließlich doch dafür gewinnen in unserer BalaBata mitzumachen. Er lernte immer besser und wurde in der 7. Klasse Klassenbester.

Die Arbeit mit meiner BalaBata ist vielfältig. Ich helfe ihnen bei den Schulaufgaben, wir spielen, singen und tanzen. Wir verbinden Spiel und Lernstoff miteinander. Eine andere D.O. hat zum Beispiel einen Vitamin-Song einstudiert. So macht das Lernen Spaß.

Shirisha 8

BalaBata auf einem Hausdach

Wir üben auch Dinge ein, die man im Alltag braucht. Manchmal gehen wir zur Bank und ich zeige den Kindern, wie man Ein- und Auszahlungsformulare ausfüllt. Das können sie jetzt ganz ohne Hilfe. Eine höherkastige Familie hat mich beobachtet, wie ich mit den BalaBata-Kindern Englisch spreche und was wir sonst alles machen. Die reiche Familie hat all die Aktivitäten gesehen, auch dass die BalaBata-Kinder später zur Internatsschule gehen können. Bisher haben sie viel Geld für den teuren Privatunterricht ihres Kindes ausgegeben. Jetzt kommt es zur BalaBata.“

„Das ist ein toller Erfolg für deine Arbeit“, lobt Rajani. Das Bestreben von CARDS war es von Anfang an Kontakte zwischen den Kasten zu ermöglichen. Kastengrenzen zu überschreiten ist allerdings mehr als schwierig. Jeder kleine Schritt ist ein Erfolg.

Shirishas Erfolgsgeschichte

„In den letzten drei Jahren konnte ich wegen meines Studiums nicht bei der BalaBata sein. Zu der Zeit hat auch meine Schwester geheiratet. Deshalb hat mich meine Mutter unterstützt. Sie konnte mich bei der BalaBata vertreten. Die Lieder konnte sie, wusste aber zuerst nicht, wie sie die Kinder unterrichten sollte. Sie hat selbst keine Schulbildung. Trotzdem hat sie schließlich drei Jahre lang die BalaBata geleitet. Wirklich wahr! Es ist die Erfolgsgeschichte meines Lebens. Wenn ich in den Ferien heimkomme, sagt meine Mutter: ´Deine SchülerInnen sind gut, sie setzen sich hin und machen das, was du ihnen beigebracht hast.´ Ich bin darauf sehr stolz. Nun habe ich mein Studium abgeschlossen und arbeite weiter in meinem Beruf. Vor einem Monat habe ich beschlossen, wieder eine BalaBata zu leiten. Ich suche nun einen staatlichen Job in der Nähe meines Wohnortes.

Zuerst habe ich Glück gehabt und konnte in einer BalaBata lernen. Später wurde ich D.O. Was ich gelernt habe, verdanke ich BalaBata. Nicht mir, nicht meiner Schwester und auch nicht meinen Eltern. Danke für BalaBata, danke Sir, danke Madam, vielen Dank!“

Fotos Xaver Huber, Bericht Xaver Huber und Margit Nitsche

[1] Ein ACO = Regionalleiter betreut mehrere BalaBatas, leitet die D.O.s an und berät sie.

[2] Ein D.O. = Development Organizer leitet eine BalaBata und fördert die Entwicklung in der Gemeinde.

[3] Ein indisches Sprichwort sagt: "Ein Mädchen großzuziehen ist, als würde man den Garten des Nachbarn gießen". Eine Tochter verlässt nach ihrer Heirat die Familie. Sie lebt und arbeitet künftig in der Familie ihres Mannes. Ein Sohn dagegen bleibt in seiner Familie, trägt mit seinem Einkommen zum Unterhalt der Familie bei und wird die eigenen Eltern im Alter versorgen.

Seit Jahrhunderten ist es Tradition, dass die Familie der Frau die Kosten der Hochzeits-Feierlichkeiten trägt und ihre Tochter mit einer Mitgift ausstattet. Die Familie des Bräutigams erwartet oft enorme Summen. Für die Familie der Braut sind die Zahlungen und Geschenke eine große finanzielle Belastung.

Shirishas Bildung und ihre berufliche Eigenständigkeit entlastet ihre Eltern von diesem finanziellen Druck. Sie sind stolz auf ihre Tochter, die „wie ein Sohn“ die Familie stärkt.

Der Brauch der Mitgift-Zahlungen bringt viele Probleme mit sich, wie z.B. Benachteiligungen von Mädchen und Frauen, Abtreibungen von Mädchen, Kinderheirat ...

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