Vereinsmitglied Xaver Huber konnte Anfang 2023 erstmals nach der Pandemie wieder nach Indien reisen. Im Steinbruchgebiet von Piduguralla besuchte er das Zentrum für Kinderrechte (CRAC) mit der „Dr. Ranjan Babu Primary School“. Ehemalige Kinderarbeiter*innen werden hier besonders gefördert und auf den Besuch eines staatlichen Internats vorbereitet. Xaver Huber hat dort einige Mütter kennengelernt.
Schneiderinnenkurse für Frauen
Die Frauen nehmen an Schneiderinnen-Kursen teil, die CARDS im CRAC anbietet. Sie lernen damit ein Handwerk, mit dem sie eigenes Geld verdienen können. Das ist für die Frauen eine Chance der harten Arbeit in den Steinbrüchen zu entkommen und sich ein besseres Leben aufzubauen. Wenn sie den Kurs beendet haben, erhalten sie einen Kredit, um sich eine eigene Nähmaschine kaufen zu können. Xaver Huber hat die Freude und den Stolz gespürt, mit dem die Kursteilnehmerinnen die Ergebnisse ihrer Arbeit zeigten.
Bala-Bata-Schulen
Als besondere Höhepunkte erlebte Xaver Huber die Besuche in verschiedenen Bala-Bata-Schulen. Jeweils 20 bis 40 Kinder aus Dalit-Familien treffen sich in „ihren“ Bala-Batas vor und nach dem regulären Unterricht in den staatlichen Grundschulen. Geleitet werden die Bala-Batas in der Regel von älteren Schülerinnen und Schülern, den D.O.s (Development Organizers).
Die ersten Bala-Bata-Schulen wurden bereits 1999 von CARDS gegründet. Inzwischen gibt es ca. 7.000 Schulen und auch zahlreiche Erfolgsgeschichten, wie z.B. die Geschichte von Raju (Name geändert).
Im Dorf Ravipadu, 50 km westlich von Guntur, besteht die Bala-Bata schon sehr lange. Raju hat diese Bala-Bata besucht und schaffte nach der Grundschule die Aufnahme in ein staatliches Internat. Nach dem Schulabschluss studierte er und wurde Professor an der Uni.
Solidarität durch Bala-Bata
Die Bala-Bata-Schulen haben überall auch eine große Welle der Solidarität und Eigeninitiative ausgelöst.
Anjali (Name geändert), eine Schülerin aus einer Bala-Bata in der Nähe von Guntur, erhielt einen Platz im CARDS-Frauen-College in Guntur, weil die Eltern an HIV erkrankt sind. Als sie ihre Diagnose erfuhren, war das für die Familie eine Katastrophe. Dass ihre Tochter nun im College eine gute Ausbildung bekommt, ist ein Segen und gibt den Eltern Hoffnung für die Zukunft.
Anjali leitet in ihrem Dorf eine Bala-Bata. Ihre Eltern tun alles, was ihnen möglich ist, um sie dabei zu unterstützen. Sie haben für die Bala-Bata eine Wellblechhütte gebaut und den Boden gefliest. Dafür haben sie insgesamt ca. 12.000 Rupien (fast 140 €) aufgebracht.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen. In zahlreichen Dörfern engagieren sich Eltern, ehemalige CARDS-Studentinnen und -Studenten für die Bala-Batas. Durch ihre eigenen Erfahrungen kennen sie den Wert, den eine gute Ausbildung für ihre Kinder, ihre Familien und das ganze Dorf hat. Auch Dorfbewohner unterstützen die BalaBatas.
Erfolgreiche Studentinnen
Mutyalapalem ist ein kleiner Ort im Distrikt Ost-Godavari. Die Gegend nahe am Meer bei Bapatla wurde durch den Tsunami 2004 schwer getroffen. CARDS hat damals rasche Nothilfe geleistet und sich für die weitere Entwicklung in der Küstenregion eingesetzt.
Fast 20 Jahre nach der Katastrophe traf Xaver Huber dort acht junge Frauen. Sie alle haben das CARDS-College in Guntur absolviert und Abitur gemacht. Einige haben einen Studienabschluss. Bhavani (Name geändert), die dritte Frau von rechts, ist Physik-Doktorandin. In ihren Dörfern engagieren sich die Frauen als D.O.s. Mittlerweile gibt es eine große Zahl von D.O.s mit Studienabschluss.
Tribal-Bala-Bata
Die Fahrt zu den abgelegenen Dörfern der Tribals (Indigene, Stammesbevölkerung) ist oft weit. Wie man an den Fotos sieht, wurde es spät an diesem Tag. Xaver Huber besuchte hier eine Bala-Bata mit Kindern vom Stamm der Yanadi. Ihre Familien fangen in den Reisfeldern Ratten oder bewachen Fischteiche. Dafür bekommen sie ein geringes Entgelt. In einem weitläufigen Gebiet mit ca. 4.000 Einwohnern hat kaum jemand die Schule bis zur 10. Klasse besucht.
Durch die Lebensweise der Tribal-Gemeinschaften und die Abgeschiedenheit ihrer Siedlungen ist es für sie schwierig, staatliche Förderung zu erhalten. CARDS springt dort ein, wo Hilfe am dringendsten nötig ist.
Chinni (Name geändert) ist eine Yanadi, die ein CARDS-College besucht hat. Vor zwei Jahren hat sie in ihrem Dorf eine Bala-Bata begründet. Es ist ihr gelungen, das Vertrauen der Familien zu gewinnen und die Kinder für die Schule zu begeistern. Sie haben viel gelernt und zeigen stolz was können. Chinni hat sich nach ihrem Abschluss für die Arbeit im Polizeidienst beworben. An diesem Tag hatte sie schon eine Prüfung erfolgreich hinter sich gebracht. Das ist ein großer Erfolg für die junge Frau und auch für die Bala-Bata-Schulen.
Schutz für Mädchen durch die Bala-Bata-Schulen
Frau B. Rudrapati ist eine der stellvertretenden Direktorinnen von CARDS. Im Bild sehen wir sie mit ihrem Sohn. Sie lebt mit ihrer Familie ca. 100 km nördlich von Guntur im Krishna-Distrikt, nahe der Grenze zu Telangana. Als sie erfuhr, dass in diesem Gebiet Mädchen auf dem Schulweg entführt und vergewaltigt wurden, war sie entsetzt und beschloss zu handeln.
Durch ihre Initiative konnte CARDS dort 120 neue Bala-Batas einrichten. Ziel ist es, die Kinder auf die Aufnahme-prüfungen für ein staatliches Internat vorzubereiten. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Mädchen. Erhalten sie einen Platz im Internat, sind sie dort sicher vor Übergriffen.
Alle diese Beispiele zeigen, wie umfangreich und weitreichend die Arbeit von CARDS geworden ist. Für Xaver Huber und RANDI ist es eine große Freude, dies immer wieder miterleben zu dürfen.
Bericht Xaver Huber und Margit Nitsche, Fotos Xaver Huber
Weiterer Reise-Bericht: Ausflug mit den GIRL-Mädchen - Treffpunkt Elli Gardens